Na, der hat sich aber nicht sehr
gründlich die Zähne geputzt.“
Grinsend fischt die kleine Lea
ein bräunliches Gebissteil aus
der Wasserschüssel und rüttelt
an einem lockeren Zahn.
Säuberlich bürstet sie die
filigranen Ausgrabungsteile,
legt sie zum Trocknen auf. Wie
den „Spinnwirtel“ – ein
Schwunggewicht für eine
Handspindel, wie mir ihre Mama
zuvor erklärt hat.
Ihre Mama, Archäologin Jasmine
Wagner. Hier zwischen Mauerkrone
und Bauschutt ist sie in ihrer
burschikos-professionellen Art
in ihrem wissenschaftlichen
Element. Steinschloss, Mariahof.
Auf 1150 Meter Seehöhe, wo die
Revitalisierung von Steiermarks
höchstgelegener und größter
Burgruine Jahr um Jahr
voranschreitet. Und was anno
2000 mit der Entstrüppung
begann, gipfelt heuer in einem
überraschenden Fund, nicht
vorhersehbar: Im Zwinger hinter
dem bisher verschütteten
Haupteingang wurde ein Verlies
entdeckt.
„Die niedere Gerichtsbarkeit für
leichtere Straftaten ist
zumindest belegt“, erklärt
Wagner. Also Leute
zwischenlagern, Luft holen durch
einen Schlitz. Ob die armen
Kerle wohl mit den Wägen
gekommen sind, deren Spuren sich
in den frisch freigelegten
Bodensteinen beim Burgeingang im
Zwinger eingegraben haben?
An diesem Sommertag schreiten
jedenfalls Bernhard Hebert vom
Bundesdenkmalamt und Pater
Benedikt Plank drüber hinweg.
Archäologisch interessiert, Herr
Dechant? „So weit bin ich noch
lange nicht, ich fange erst bei
den Urkunden an!“ Mit Spannung
verfolgt auch Burgvereinsobmann
Bernhard Peinhaupt die Arbeiten:
„Immer wieder kommt etwas zum
Vorschein. Wir sind nun mit der
Sanierung und Sicherung der
Mauer im mittleren Burgfried
fertig, 80 Prozent der
Mauerkronen sind saniert.“
Für die bisher größte
Entschuttungsaktion steuert auch
Nino aus Mariahof die
Scheibtruhe durch das Gemäuer:
ein Ferialjob, geschichtenschwer
wie selten. Dass nun viel über
die älteste Burgphase bekannt
ist, freut die Archäologin: „Wir
haben endlich den Vorgängerbau
aus dem 11./12. Jahrhundert
gefunden. Die älteren Mauern
sind am charakteristischen
Mörtel erkennbar.“
Kampf ums Budget
Steinschloss, das
Vorzeigeprojekt. Dennoch muss
Jahr für Jahr um das Budget
gekämpft werden: 130.000 Euro
inklusive Eigenleistung plus
8000 Euro für die archäologische
Arbeit. Wagner: „Benötigt würde
das Doppelte.“
Das Burgfest am 17. August mit
Führungen und Mittelaltermusik
(ab 11 Uhr) sollte erneut zum
Revitalisierungsbewusstsein
beitragen. Attraktion: eine
mittelalterliche Wurfschleuder
(„Blide“), die bis zu 20
Kilogramm schwere Steine 100
Meter weit katapultiert.
Vereinskassier Erwin Ofner
lieferte die Idee,
Allround-Denk- und Handwerker
Heinz Mlinar baute das Gerät aus
Holz und Schmiedeeisen nach. Auf
zu weiteren Eroberungen, quasi.
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