Kleine Zeitung vom 27.05.2007
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Unter Piranhans oder: Kultur ohne Schock
Vom Himmelfahrt Fest bis zum Vivarium: Kultur- und Tourismusmanager Bernhard Stejskal glaubt an die Idee und hat es geschafft, auch das etwas andere Publikum zu bewegen. Nun geht er neue Wege.
INTERVIEW: BETTINA OBERRAINER


Der Geschäftsführer des Tourismusverbandes Grebenzen blickt nun einer Zukunft als Chef des Naturparkerlebnis Steiermark entgegen  
BETTINA OBERRAINER


Blühende Blumen und eine Entenfamilie beim Vivarium: Bernhard Stejskals Herzstück?
 „Ich weiß nicht, was mein Herzstück ist“,
sagt der Manager

Die Sonne bricht sich in den mächtigen Glasscheiben des Lichtbaues, Liegestühle stehen bereit, Mama Ente paddelt samt flaumigem Nachwuchs ans Teichufer. Bernhard Stejskal wartet im Entree, vorbei flanieren Besucher auf dem Weg zu Grottenolm und Brillenkaiman. Lange wird der Kultur- und Tourismusmanager sein Büro hier im Vivarium, im Naturparkzentrum Mariahof, nicht mehr aufsuchen:

Ab 1. Juli widmet er sich seiner neuen Aufgabe als Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft Naturparkerlebnis Steiermark, einer 2004 gegründeten, unabhängigen Plattform. Dem Naturpark bleibt er als Bewohner von Pichlschloss erhalten und will sich „dort einbringen, wo es mir Spaß macht und meine Kompetenz nötig ist“. Ein Gespräch mit einem, der in der Region Grebenzen mehr als Piranhas ins Wasser gesetzt hat.

Wir sitzen hier beim Vivarium. Ihr Herzstück?

BERNHARD STEJSKAL: Ich weiß nicht, was mein Herzstück ist. Aber es ist das Projekt, weswegen ich herkam. Der Wunsch nach einem Naturparkzentrum war immer da, und die Idee entstand 1996, als es diese ominöse Fahrt von Johann Bacher (LAbg.) und Gerhard Hirschmann (damals Landesrat) nach Frankreich gab. Ich war damals noch in Frankfurt engagiert und hatte als Sänger die beste Zeit hinter mir.

Ihr Einstand war das Maria Himmelfahrt Fest…

STEJSKAL: Mit dem Fest habe ich gemerkt, da lässt sich was machen. Erst heute wird mir bewusst, wie weit sich die Gemeinde da hinausgelehnt hat.

Hat es sich bezahlt gemacht?

STEJSKAL: Das müssen andere beurteilen, aber es war eine Schlüsselveranstaltung. Ich habe eine Basis gespürt und Sympathie, die mir entgegengebracht wurde.

Ein Sänger und Musikwissenschafter aus Salzburg in Neumarkt – ein Kulturschock?

STEJSKAL: Ganz sicher nicht. Ich bin am Land aufgewachsen. Man lernt, dass professionell nicht immer ein Allheilmittel ist. Hier geht es um Identifizierung, und es war deshalb kein Schockerlebnis, weil ich von außen viel hereingebracht habe.

styriarte Landpartie und jeunesse, Golfplatz und Amazonas – wie passt das zusammen?

STEJSKAL: Man muss an die Idee glauben. Mich fasziniert diese Region und die Herausforderung war, dass man stark mit der Meinung konfrontiert war: Hier brauchst du nichts anfangen. Der Mechanismus ist der gleiche wie überall: Es nützt nichts, Konzepte zu schreiben und Fachleute im Hintergrund zu haben. Es geht immer darum, bei den Menschen zu sein.

Was sind die Voraussetzungen für einen solchen Job?

STEJSKAL: Als Job habe ich es nie empfunden und mit Karriere hatte das nichts mehr zu tun. Es hat auch keiner das Geld, mich beziehungsweise die ganze investierte Zeit zu bezahlen. Und die Diskussionen im Umfeld muss man aushalten können.

Sie haben es geschafft, das doch etwas andere Publikum zu Kulturveranstanltungen zu bewegen. Wie?

STEJSKAL: Es gibt verschiedene Zugänge. Ich gehe auch oft wegen der Menschen und nicht wegen eines Themas wohin. Man muss Schwellenängste überwinden und die Menschen abholen, wo sie stehen. Hier hat es gar keinen Sinn, mit großen Namen zu hantieren – die kennt keiner. Man muss offen sein und etwas erzählen können, die Künstler müssen artikulieren, was sie machen. Es gibt also zwar ein Verständigungsproblem, aber die Leute sind viel leichter zu emotionalisieren. Über Visuelles, Essen, die Gestaltung.

Wodurch unterscheiden sich die Bäuerin aus St. Lambrecht und der Bürohengst aus Graz als Kulturgast?

STEJSKAL: Erst einmal haben Konzerte ungünstige Beginnzeiten für die Landbevölkerung. Ein Städter hat die Möglichkeit zur Vorbereitung, am Land muss die Aufbereitung im Konzert passieren. Es gibt aber auch keine Abgestumpftheit. Etwa die Leonskaja in der Kirche – das emotionalisierte!

Was zählte zu den Höhepunkten Ihres Kulturprogrammes?

STEJSKAL: Die styriarte Landpartie: erstmals Programm an drei Tagen an verschiedenen Orten. Und jeunesse herzubringen: Wenn zu „Blackmail“ (Hitchcock-Stummfilm mit Livemusik) 120 Leute kommen, bin ich glücklich. Und es hat sich ein Stammpublikum gebildet.

Die größten Widerstände?

STEJSKAL: Die Region laboriert an zwei Organisationen, die Ähnliches machen – der Verein Naturpark Grebenzen und der Tourismusverband. Dieses Hin und Her mit all den Eitelkeiten hat sich nicht bewährt. Das unterstütze ich nicht und das erleichterte mir auch die Entscheidung, zu gehen.

Wo soll man weiter ansetzen, wo besteht der größte Handlungsbedarf?

STEJSKAL: Eine Entwicklungsstrategie für die nächsten Jahre unter der kritischen Beobachtung, was falsch gelaufen ist. Ganz wichtig ist ein Generationenwechsel, ohne die alten Funktionäre zu vertreiben. Man soll deren Erfahrung nutzen, aber sie müssen Verantwortung abgeben.